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Björk: Utopia

Zuletzt hat sie gelitten, jetzt ist wieder alles „Full Of Love“: Björk hat ein anspruchsvolles Album aufgenommen, das provoziert. Und diejenigen belohnt, die sich darauf einlassen.

Auf ihrem letzten Album „Vulnicura“ ließ uns die Isländerin an den grauen Wolken ihres Lebens teilhaben. Mit ihren kargen Songs zog sie den Hörer mit in das Leid, das die Trennung von ihrem langjährigen Partner verursacht hatte. Schmerz, lass nach. Zwei Jahre später ist die Dunkelheit verzogen und Björk kann auf ihrem zehnten Album wieder der Liebe nachgehen. Auf ihre eigene, manchmal verstörend radikale Art. Wie zuletzt mit gewohnter Studiounterstützung durch den Elektronikmeister Arca, ritzen die Stücke, die eigentlich mehr Klanginstallationen als Stücke sind, tiefe Kerben in eisige Landschaften. Es pluckert, es fiept, Flöten (!) erlösen.

Darauf muss man erst einmal klarkommen, schnelle Pop-Zufriedenheit gibt es hier jedenfalls nicht abzugreifen. Dafür Eleganz, Schwerelosigkeit, eine beschämend großzügige Liebe. Zuckerwattig ist das dennoch nicht: Es geht um die Gewalt von Männern, das kommende Zeitalter der Frauen. Dazwischen immer wieder Geräusche, Geräusche, Geräusche. Metall, Holz, Vögel, Reibung nach Reibung. Das mag für jene, die Björk für ihre für House-Remixe geeigneten Elektronikstücke der ersten/mittleren Alben liebten, zunächst befremdlich wirken. Zeit, sich an den „neuen“ Stil zu gewöhnen, gibt einem die Sängerin reichlich: Mit 72 Minuten ist „Utopia“ das längste Werk ihrer Karriere. Da hat sich eine Menge Liebe angesammelt, die jetzt raus muss. 

ANSPIELTIPPS „Arisen My Senses“, „Blissing Me“ und „Losss“ FAZIT Kostbar, weil anders.