Unterhaltung Games

Full Metal Furies

Immer feste drauf. Und wenn das nicht hilft? Dann noch fester drauf! Nicht aufgeben! Der Spaß kommt dabei von ganz alleine.

Irgendwie ist es immer dieselbe Leier: In die meisten Brawler stürze ich mich liebend gerne hinein, habe kurzzeitig meinen Spaß und nach gefühlt einer Stunde alles gesehen. Das Resultat: Bis zum Endbildschirm oder dem letzten Boss habe ich es daher sehr sehr selten geschafft, weil die Motivation fehlte und andere Spiele auf ihren Einsatz warteten. Nun also beschert uns das kanadische Entwicklerteam von Cellar Door Games den nächsten Brawler. Was daran interessant sein könnte? Nun ja: Die Truppe ist bekannt für ihren ausgezeichneten Rollenspiel-Zufalls-Plattformer „Rogue Legacy“, der gleichermaßen durch seinen Retro-Charme sowie die pfiffigen Ideen begeistern konnte – zumindest ging es mir so. Jetzt versuchen sie sich also an einem für sie neuem Genre. Ich bin gespannt.

Wo bleibt denn da die Abwechslung?

Wenn ich mich an meine letzten Brawler-Ausflüge erinnere, kommen mir Titel wie „Zombie Vikings“, „Deadbeat Heroes“ oder „A King’s Tale: Final Fantasy XV“ in den Sinn. Alles keine schlechten Titel, doch mit der Langzeitmotivation ist das so eine Sache: Feinde verdreschen macht anfangs noch Laune bis man alle Combos oder Spezialfähigkeiten einmal gesehen hat. Progression in spielerischer Hinsicht gibt es kaum, die auswählbaren Helden weisen wenig Mut zu umwerfenden Verhaltensänderungen auf – soll heißen: Kennst du einen, kennst du alle. Mag zwar unfair klingen, bestätigt sich aber in vielen Fällen, wenn die Entwickler lediglich an den Stellschrauben der Charakterwerte gedreht haben und ihn dann „neu“ nennen. Ähnliches habe ich dann auch für die „Full Metal Furies“ befürchtet – und bekam einen ordentlichen Tritt in den Hintern. Mit diesen Mädels ist nicht zu spaßen: Die vier Furien wollen die Welt zu einem besseren Ort machen.

Um die aufmüpfigen Titanen erneut in ihre Schranken zu weisen, lassen die vier Mädels sogar ihre geliebte Katze zurück. Keine Sorge (Mini-Spoiler): Der flauschige Felltiger schafft es dank Katzenfutter später wieder zurück ins Lager. Bis es soweit ist, haben die vier Freundinnen aber schon ein paar Feinde aus den Latschen gehauen – und das mit einer Leichtigkeit, wie ich sie kaum bei anderen Genre-Vertretern gesehen habe. Es fängt bereits an der Auswahl des Charakters an: Als Solist brauche ich mich nicht auf eine Heldin beschränken, sondern muss immer zwei von den vier Damen mit ins Gefecht nehmen. Spielt ihr mit mehr Personen – bis zu vier Freunden dürfen euch Gesellschaft leisten – dann übernimmt jeder die Rolle einer Furie. Das klingt doch verdächtig nach einer Snickers-Werbung …

… jede die Sensation

Aufgrund der unterschiedlichen Talente jedes Charakters ist es gar nicht mal so leicht eine Wahl zu treffen. Da wäre „Triss“, die Wächterin, „Erin“, die Ingenieurin, „Alex“, die Kämpferin und „Meg“, die Sniperin. Allein die Tatsache, dass zwei Damen (Triss und Ales) auf Nahkampf setzten, während die anderen beide ihre Wummen sprechen lassen, bietet schon reichlich Abwechslung zu Beginn des Abenteuers. Doch selbst in diesen Punkten unterscheidet sich jede Kämpferin angenehm von ihrem restlichen Freundeskreis. Ein kleines Beispiel: Erin ballert in einem Zwei-Meter-Radius alles weg, was sich in einem etwa 140-Grad-Winkel vor ihr befindet.

Meg hingegen hat mit ihrem Scharfschützengewehr die volle Reichweite über den kompletten Bildschirmausschnitt – egal wie groß oder klein dieser ist. Dafür muss Meg nach jedem Schuss nachladen, was Erin erst nach mindestens zwölf Kugeln tun muss. Grundsätzlich verfügt jede Furie über vier, nennen wir sie mal „Fähigkeiten“: Mit dem X-Knopf des Xbox One Controllers erfolgt der normale Angriff. Der Y-Knopf aktiviert die sekundäre Attacke, während A zum Ausweichmanöver ansetzt und ein Druck auf B die Spezial-Angriff entfesselt. Ein simples Prinzip, das schnell verinnerlicht ist. Allerdings hat es sich damit längst noch nicht. Grund hierfür sind die Rollenspielanteile, die Cellar Door Games dem Titel verpasst hat – und jetzt wird es richtig interessant.

Heute schon angepasst?

In jedem Level versteckt sich irgendwo ein neues, zufälliges Rüstungsteil für einen Charakter. Dieses Accessoire verbessert eure Protagonisten nicht unbedingt, sondern „verändert“ sie – was oftmals auch eine Verbesserung sein kann. Im Basislager, in das ihr zwischen den Missionen immer wieder reist, könnt ihr die neue Ausrüstung – gegen Bares versteht sich – anlegen und schauen, was passiert. So bekommt Erin plötzlich einen schnelleren Ausweichschritt, der allerdings länger braucht bis er wieder einsatzbereit ist. Meg hat einen neue Spezialattacke erhalten, die nun AE-Schaden verursacht und Triss, ja Triss wurde aus dem Nichts doch interessant für mich. Die Wächterin hatte mir anfangs mit ihrem Schild und der netten, aber kaum genutzten Block-Haltung zwar Spaß gemacht, wurde aber dann zu langweilig, weil sie sich so „normal“ anfühlte. Der neue Schild samt schickem Umhang macht die blaue Streiterin im Handumdrehen zu einem flitzenden Krieger, der richtig gut austeilen kann – klasse Sache!

Auf diese Weise bringen die Entwickler nicht nur immer wieder frischen Wind ins Spiel, sondern lassen euch fast schon ganz natürlich zwischen den Charakteren hin- und herwechseln. Hatte ich an einem Punkt im Spiel gedacht, dass ich meine Traum-Kombi aus zwei Kriegerinnen gefunden hatte, tauchte ein Item auf und mischte die Karten neu – zugunsten eines anderen Charakters, der ab diesem Moment dann ins Team rutschte. Hätte nicht gedacht, dass mich sowas bis zum Ende – und das dauert mit über 15 Stunden überraschend lange – motivieren könnte. Hat es aber. Ganz nebenbei könnt ihr gesammelte Münzen auch direkt in Charakterwerte investieren und so den Level eurer Recken steigern. Je höher ihr levelt, desto teurer wird der Spaß. Zwischendurch bietet der kleine Talentbaum einer jeden Furie auch die ein oder andere Sonderfähigkeit, mit der ihr noch stärker werdet. Feine Sache.

Ein gesundes Fundament

Natürlich würde die komplette Spielmechanik wie ein Kartenhaus im Wind zusammenklappen, wenn nicht auch der Ablauf stimmen würde. Aber auch an dieser Stelle lassen die Entwickler nichts anbrennen: Neu auftauchende Gegner, herausfordernde Boss-Fights und ein paar kleine Rätsel, sowie eine humorvolle Story lassen keine Langeweile aufkommen. Das Einzige, was euch nun noch aufhalten könnte, ist der anspruchsvolle Schwierigkeitsgrad, was ich von zwei Spielmechaniken abhängig mache: Zum einen gibt es immer wieder Gegner, die sich nur von einem der beiden Damen aus eurem Team erledigen lassen. Dadurch seid ihr quasi gezwungen zu wechseln, was jedoch durch einen Druck auf die rechte Schultertaste locker von der Hand geht – und zudem coole Kombis ermöglicht. Zum anderen verwandelt sich der Bildschirm – gerade bei Boss-Kämpfen – in eine „Bullet Hell“. Da die Übersicht zu behalten, bedarf schon einiges an Konzentration. Scheitert ihr immer wieder an einer Stelle, könnt ihr im Lager das Team wechseln und erneut angreifen. Bringt das auch nicht den erhofften Erfolg, dann schlagt euch durch bereits geschaffte Level durch und grindet ein paar Münzen. Damit sollte es dann ein Leichtes sein, eure Truppe etwas aufzupeppen.

Fazit

Bei dieser Liebe zum Detail und den wirklich bis zum Ende überlegten Ideen von Cellar Door Games hebt sich „Full Metal Furies“ angenehm aus der Masse der Brawler. Den pixeligen Look muss man zwar mögen – was nicht sonderlich schwer ist –, spielerisch versteckt sich dahinter aber ein actiongeladenes Prügel-Baller-Abenteuer, das ich ohne Weiteres empfehlen kann. Die überraschend lange Kampagne samt der erstaunlich tiefgängigen Charaktermodelle motiviert über die gesamte Dauer des Abenteuers. Im Solo-Spiel funktioniert die „Wechsel-Mechanik“ derart unkompliziert, dass ich auf Koop-Sessions getrost verzichten kann – auch wenn diese mit Kumpels und genügend Kaltgetränken an euerer Seite nicht zu verachten sind. Mit diesen Mädels werden auch eure Freunde gerne zu Furien.

Erhältlich für: PC, Xbox One
Website: cellardoorgames.com/our-games/full-metal-furies