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Chained Echoes

Ein butterweiches Rollenspiel mit klassischem Touch: Bei diesem Abenteuer schlagen JRPG-Herzen höher.

Secret of Mana, Chrono Trigger, Mystic Quest oder gerne auch Zelda: A Link to the Past – allesamt Spiele, die mir in den 1990er-Jahren auf dem Super Nintendo die Zeit bestens vertrieben haben. Mein Herz schlug jedes Mal höher, wenn ich einen dieser Titel spielte. Aus dem lodernden Feuer für japanische Rollenspiele wurde ein kleineres Flämmchen und inzwischen ein müdes Glimmen.

Hin und wieder erscheinen dann auf dem übersättigten Markt doch wieder Spiele, die die Glut anfachen. Mit Chained Echoes brennt der Kasten sogar wieder. Deck 13 und Entwickler Matthias Linda konnten das Feuer in mir wieder erwecken. Warum? Das verrate ich euch in den folgenden Zeilen.

Made in Germany

Das Wichtigste vielleicht zu Beginn: Chained Echoes ist keine japanische Produktion, sondern stammt aus Deutschland. Dementsprechend interessiert war ich auch, als ich den Test-Code erhielt. Anfangs dachte ich zu meiner Schande, dass ich hier wieder das x-te JRPG vor mir habe, doch schon nach den ersten Minuten und Stunden musste ich meine Meinung revidieren. Denn Chained Echoes ist eben nicht wie all die anderen, sondern haucht dem Genre neues Leben ein, indem es moderne Mechaniken einfließen lässt, die dem Spiel-Flow zugutekommen.

Im Zentrum von Chained Echoes steht natürlich eine epische Geschichte. Diese ist aber wesentlich erwachsener und geerdeter als andere Storys, die ich in diesem Zusammenhang bereits erleben durfte. Die Charaktere sind keineswegs Abziehbildchen typischer Anime-Figuren, sondern allesamt clever geschrieben. Auch wenn es zu Beginn nicht den Anschein erwecken mag, stecken hinter den 16-Bit-Pixeln liebevoll gestaltete Figuren mit eigenen Beweggründen, denen man gerne beim Reden zuhört bzw. liest. Eine Vertonung gibt es nämlich leider nicht. Was aber keineswegs schlimm ist. Denn die Texte lesen sich hervorragend.

Epischer Konflikt

Die Geschichte dreht sich um das Fantasiereich Valandis, in dem drei Parteien seit über 150 Jahren Krieg führen. Als Söldner in Himmelsrüstung (ein riesiger Roboteranzug) stoppen wir einen Bösewicht, nur um im nächsten Moment eine gigantische Explosion auszulösen. Damit wäre zwar aktuell der Friede gesichert, aber zu einem hohen Preis. Diesem scheinbaren Frieden und der Waffe, die diese Explosion ausgelöst haben, sind wir fortan auf der Spur. Macht euch gefasst auf interessante Charaktere, viele Intrigen und etliche Wendungen. Es bleibt spannend bis zum Schluss – so viel sei verraten.

Spielerisch begibt sich Chained Echoes auf die Spuren eines klassischen, rundenbasierten Rollenspiels. Ihr lauf auf der Karte herum, kämpft gegen Feinde, löst Aufgaben und levelt auf. Auf dem Papier hört sich das nicht sonderlich innovativ an, das gebe ich zu. Aber die Art und Weise, wie ihr das präsentiert bekommt, ist einfach Zucker. Denn anstelle von viel BlaBla, stürzt sich Chained Echoes direkt in die Action hinein. Ja, ihr dürft ziemlich direkt loslegen und bekommt schnell ein Händchen für das motivierende Kampfsystem.

Taktik erwünscht

Zunächst einmal: Es gibt keinerlei Zufallskämpfe, wie sie inzwischen bei etlichen Vertretern des Genres üblich sind. Alle Feinde seht ihr bereits im Voraus. Und wenn ihr keine Lust auf diese habt, dann lauft drumherum – was oftmals möglich ist. Sobald euch Feinde aber erblickt haben, geht es direkt vor Ort in den Kampf.

Das System dabei ist rundenbasiert, aber mit einigen Kniffen. Wenn ihr attackiert oder Schaden bekommt, bewegt sich ein Pfeil auf einer Leiste über dem Kampfbildschirm. Ist dieser Pfeil im grünen Bereich, macht ihr mehr Schaden und verbraucht weniger Mana oder Energie, um Fähigkeiten einzusetzen.

Umgekehrt solltet ihr aber auch aufpassen, dass der Pfeil nicht in die rote Zone abdriftet: Dann nämlich erleidet ihr wesentlich mehr Schaden und seid im Nachteil. Ein Icon am Bildrand zeigt euch an, mit welchem Element ihr den Pfeil nach links bekommen könnt. Jede Fähigkeit ist nämlich einem Element zugeordnet.

Setzt ihr diese dann ein, geht der Pfeil nicht nach rechts in Richtung des roten Bereichs, sondern nach links. Das entsprechende Elemente ändert sich immer mal wieder von Runde zu Runde. Also spielt taktisch. Und das rate ich euch wirklich. Denn be-reits die ersten Standard-Gegner können zur Herausforderung werden, wenn ihr alte JRPG-Gewohnheiten aufkommen lasst. Überlegt euch genau, welche Fähigkeit ihr wann einsetzt.

Zuckerstück in jeder Hinsicht

Schon allein das Kampfsystem spielt sich so locker, schnell und taktisch, dass es eine wahre Freude ist. Hinzu kommen etliche Komfortfunktionen. Ein kleines Beispiel: Nach einem Kampf füllen sich eure Magiepunkte und Lebenspunkte wieder komplett auf. Das ist derart praktisch, dass ich mich nicht mit Mikro-Management meiner Tränke nach einem Kampf beschäftigen muss. Auch die Fähigkeiten und Charaktere sind angenehm abwechslungsreich gestaltet, so dass ich mit meiner Truppe immer wieder experimentieren darf, wer gut zusammen passt oder meinen Spielstil unterstützt.

Ein Highlight sind immer wieder die Bosskämpfe, von denen es in Chained Echoes etliche gibt. Vom Riesenwurm über Meeresungeheuer bis hin zu fiesen Dämonen wirft euch das Spiel epische Monster an den Kopf. Diese sind nicht nur fordernd, sondern auch optisch ansprechend gestaltet. Oftmals werden diese Kämpfe noch mit einer Geschicklichkeitspassage verbunden, was aus meiner Sicht ein Novum für das Genre darstellt – und äußerst fordernd ist. Kurz gesagt: Es fühlt sich einfach gut an, wenn man einen dieser Fieslinge umgemäht hat.

In den rund 30 Stunden, die ihr in diesem Spiel stecken werdet, könnt ihr zudem zahlreiche Nebenaufgaben erledigen. Diese sind sehr geschickt in die Story eingegliedert und fühlen sich nie wie Fremdkörper an. Zudem belohnen sie euch mit mehr Geld und neuer Ausrüstung. Apropos Ausrüstung: In Chained Echoes merkt ihr direkt, wenn ihr Münzen in euer Team investiert habt. Dann fallen manche Widersacher deutlich schneller zu Boden, was einfach ein befriedigendes Gefühl ist.

Fazit

Ich könnte noch stundenlang weiter schwärmen von diesem herrlichen Spielchen. Denn Chained Echoes befreit sich auf elegante Weise von all dem Balast, den seine Genre-Vertreter über die letzten Jahre angesammelt haben. Daher fühlt sich Chained Echoes trotz bekannter Mechaniken sehr frisch und modern an – und genau das hat das Genre auch bitter nötig. Vielleicht sollten sich manche japanische Produktionen ein Scheibchen bei diesem deutschen Vertreter abschneiden.

Erhältlich für: PC, Xbox, PS, Switch
Website: chainedechoes.com