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Code Vein

Ein Spiel mit Biss: Die perfekte Chance für alle, denen „Dark Souls“ zu hart ist.

Mein Erstkontakt mit „Code Vein“ war vielleicht nicht der glücklichste, aber dennoch packend: Auf der Gamescom hatte ich die Chance mir das Werk der Bandai Namco Studios genauer anzuschauen. Viel gelesen hatte ich jedenfalls über das Spiel im Vorfeld. Ich wusste, dass es in einer postapokalyptischen Welt angesiedelt ist und dass ich eine Art Vampir spielen darf.

Auch dass sich die Spielmechanik an „Dark Souls“ anlehnt, was die Kämpfe und den Schwierigkeitsgrad angeht, war mir bewusst. Was konnte da also schiefgehen?! Nun ja: Ehrlich gesagt nicht sonderlich viel – aber für eine kurze Präsentation eignet sich so ein Blockbuster eher nicht.

Zu viel des Guten!

Ich startete nach einer gefühlten Ewigkeit im Ladebildschirm mit meinem vordefinierten Helden. Was dieser Anime-Boy alles in seiner Befehlsliste an Fähigkeiten stehen hatte, übertraf meine Erwartungen und überforderte mich direkt. Hier gab es zu viele Optionen, mit denen ich die Feinde vernichten, mich stärken oder ablenken konnte.

Letzten Endes verlangsamten mich die Möglichkeiten derart, dass ich wie paralysiert vor dem ersten dicken Klopper stand, der mich dann auch fachmännisch auseinandernahm. Doch irgendwie hatte mich „Code Vein“ dennoch gepackt …

Beim offiziellen Release sah die Sache schon ganz anders aus: Ein Tutorial führte mich sachte in die Spielmechanik ein, verwirrte mich dennoch etwas mit merkwürdigen Begriffen – ich bin wohl etwas zu sehr „Dark Souls“ geschädigt. Auch wenn sich „Code Vein“ eines anderen Vokabulars bedient, habt ihr hier einen waschechten „Darks Souls“ inspirierten Titel vor euch: Lagerfeuer heißen Distel, Klassen sind als Blutcodes gekennzeichnet und Erfahrungspunkte heißen … ich hab’s vergessen.

Macht aber auch gar nichts, wie die Sachen alle heißen, Hauptsache das Spiel macht Laune – und das tut es. Einige Spielmechaniken unterscheiden sich sogar deutlich von „Dark Souls“, was ich sehr zu schätzen weiß.

Große Augen und erschlagende Argumente

Kommen wir zuerst zum Look: Optisch werdet ihr in ein postapokalyptisches Anime mit Vampiren und Monstern reingeworfen. Soll heißen: Viele Charaktere haben riesengroße, unschuldige Auge und die Damen überzeugen zusätzlich mit wippend-animierten Oberweiten. Ja, das muss man mögen, bringt aber mal frischen Wind ins Genre.

Jedenfalls sind die Zwischensequenzen atmosphärisch in Szene gesetzt und treiben die Story – von der ich an dieser Stelle nur sehr wenig erzählen werde – gemütlich voran. In Sachen Spielmechanik habe ich nun oft genug betont, dass wir es hier mit einem Souls-Like-Spiel zu tun haben, aber es gibt auch ziemlich interessante Unterschiede.

Zunächst einmal: „Code Vein“ schwankt erheblich im Schwierigkeitsgrad und siedelt diesen im Allgemeinen recht niedrig an. Ihr werdet merken, dass kleinere Fehler nicht immer unbedingt im Tod enden müssen, wie bei Genrevertretern. Das sollte besonders für Einsteiger interessant sein.

Experimente bis zum Abwinken

Als nächstes kommt die Klassenwahl: Ihr braucht euch darüber keine Gedanken zu machen! Ihr spiel einfach alle. Wie das? Da ihr von besonderer Abstammung seid, könnt ihr euren Blutcode (Klasse) jederzeit ändern – sofern ihr den entsprechenden Blutcode gefunden habt. Insgesamt gibt es 25 unterschiedliche Klassen – jede Menge also.

Erfordert eine Situation einen flinken Fernkämpfer? Greift zum Ranger. Wollt ihr mit brachialer Gewalt voran? Der Berserker haut den Weg frei. Zaubersprüche? Ich glaube ihr wisst, worauf ich hinaus will?! Das Beste ist allerdings, dass ihr die Klasse nicht immer wechseln müsst, sondern euch Stück für Stück euren individuellen Kämpfer erstellt: Denn sobald ihr eine Fähigkeit einer Klasse gemeistert habt, dürft ihr diese für andere Klassen nutzen.

Lasst mich das an einem Beispiel erklären: Ihr mögt den Feuerzauber der Magierklasse? Verbrennt einfach ein paar Gegner damit, bis der Erfahrungsbalken des Zaubers zunimmt und letztlich „gemeistert“ anzeigt. Wechselt nun zum Ranger, der eigentlich euer Liebling ist und rüstet den Feuerzauber bei ihm aus, den er jetzt ebenfalls benutzen darf. Eine richtig coole Mechanik, die euch spätestens ab der Hälfte des Spiels zu wagemutigen Experimenten einlädt – ich hab’s jedenfalls gefeiert!

Als Dreh- und Angelpunkt der Geschichte könnt ihr zudem immer in euer Hauptquartier zurück, wo ihr euren Helden kosmetisch verändern könnt, mit NPCs quatschen dürft oder euere Ausrüstung aufmotzen könnt. Hier trefft ihr euch außerdem mit Freunden und geht gemeinsam auf die Jagd – in diesem Modus wird „Code Vein“ schon fast zum arcadigen Hack’n Slay und ein gutes Stückchen einfacher.

Leichte Schattenseiten in der Dystopie

Insgesamt stimmt der Spielspaß jedoch – auch wenn das hier nicht ganz so knallharte Kost ist. Beispielsweise habe ich den ersten dicken Boss beim ersten (!) Anlauf gepackt. Das sagt schon viel aus – ist aber nicht weiter schlimm.

Was jedoch ein bisschen nerven kann, sind die teil dümmlichen Feinde. Wie die Lemminge stürzen sie sich manchmal in Abgründe, während sie mich kampfeslustig umrunden. Das lässt sich an manch engen Passagen ziemlich gut ausnutzen.

Wo wir schon beim Meckern sind: Das Leveldesign ist auf die Dauer etwas eintönig und öde geworden – klar, es spielt hier in einer düsteren Postapokalypse, aber wirklich markante Orte kann ich euch aus dem Stehgreif keine nennen. Nichts, was länger im Gedächtnis bleiben würde.

Fazit

Auch wenn die letzten Wort nun etwas negativ geklungen haben, befördert euch „Code Vein“ auf einen actionhaltigen und vor allem motivierenden Trip durch eine interessante Fantasy-Welt. Das Kampfsystem spielt sich sehr facettenreich und lädt zum Experimentieren ein.

Der Schwierigkeitsgrad hat zwar leichte Probleme mit der richtigen Balance, sollte aber für Neueinsteiger in dieses Genre genau das Richtige sein. Meines Erachtens liefert Bandai Namco hier ein schickes Souls-like-Game ab, von dem man in Zukunft sicherlich noch mehr hören wird.

Erhältlich für: PS4, Xbox One, PC
Website: bandainamcoent.com/games/code-vein