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Disintegration

Gut gemixt mit jeder Menge Action: So gut können Genre-Vermischungen sein.

Beim ersten Anblick der Screenshots zu V1 Interactive und Private Divisions „Disintegration“ dachte ich irgendwie immer an einen Ego-Shooter á la „Titanfall“. Denn das auffälligste war für mich immer, dass hier jemand in einem dicken Mech sitzt und seine Feinde ins Jenseits ballert. Ganz so falsch lag ich zwar nicht mit meiner Vermutung, aber das Spielkonzept überraschte mich dann doch sehr positiv.

Ego meets Tactics

Fangen wir aber mal von vorne an: „Disintegration“ ist tatsächlich ein Ego-Shooter – aber eben nur teilweise. Denn das Entwicklerteam hat hier auch noch eine Prise Taktik wie aus einem Echtzeit-Strategie-Spiel reingepackt. An dieser Stelle kann ich aber schon sagen: Keine Sorge! All das hält sich sehr in Grenzen und wird sehr gut von der fabelhaften Steuerung getragen. Ach ja: Einen Mech steuert ihr übrigens nicht, sondern einen Gleiter, einen sogenannten Grav Cycle. Das nur nebenher, mehr dazu später.

Bevor ich hier aber auf spielerische Einzelheiten eingehe, kommen wir mal zur Story – und die hat äußerst spannende Ansätze. Bei „Disintegration“ befinden wir uns in der fernen Zukunft: Ein Virus hat die Menschheit zu großen Teilen ausgerottet. Doch bevor es sich auch noch die letzten Menschen schnappen konnten, haben findige Techniker eine Idee entwickelt: Mit modernen Möglichkeiten transferieren sie ihre Erinnerungen und Wesenszüge auf Roboter, um so dem Virus zu entgehen.

Nun sind einige Jahre vergangen, das Virus nicht mehr da und es ist Zeit, das Ganze rückgängig zu machen. Doch leider wollen das nicht alle – besonders nicht die Gruppe namens Rayonne. Genau diesen Fieslingen stellen wir uns gegenüber mit einer kleinen Guerilla-Gruppe. Auch wenn das Setting richtig spannend klingt und die Zwischensequenzen außerordentlich in Szene gesetzt wurden, nimmt die eigentliche Story erst recht spät Fahrt auf. Das ist wirklich schade, weil hier so viel Potenzial drin schlummert.

Auch unseren Helden, ein Typ namens Romer, lernen wir erst recht spät in der Story genauer kennen – und erfahren mehr über seine Vergangenheit und Beweggründe. So viel sei verraten: Er war damals ein erfolgreicher Grav-Cycle-Fahrer, weshalb er in den Missionen auch immer das Gefährt steuern darf. Aber kommen wir zum eigentlichen Spiel.

Einfache Vorgaben

Wie bereits angedeutet, schickt euch „Disintegration“ immer auf Missionen in sehr strikt abgegrenzten Gebieten – also erwartet hier kein Open-World oder ähnliches. Manchmal sind zwar ein paar kleine Secrets am Wegesrand versteckt, aber wirklich auf Erkundungstour müsst ihr nie. In erster Linie spielt sich „Disintegration“ wie ein Ego-Shooter: Durch euren Gleiter habt ihr das Geschehen meist aus einer erhöhten Position im Blick.

Mit den jeweiligen Waffen ballert ihr dann Feinde aus dem Weg. Aber das ist noch nicht alles – und hier kommt der Genre-Mix zum Vorschein. Ihr seid nie alleine unterwegs, sondern immer im Team. Eure Team-Mitglieder steuert die KI, ihr müsst ihnen aber Befehle zuweisen. Auf der einen Seite hält sich das wirklich sehr in Grenzen, da ihr lediglich bis zu vier Teammitglieder habt und diesen auch nur Ziele zuweisen könnt – die sie dann ansteuern oder angreifen.

Von der Steuerung her ist das aber so gut umgesetzt, dass dieses Kommandieren problemlos in euren Flow übergeht. Als kleine Hilfe verlangsamt sich zudem die Zeit, wenn ihr über die Schultertasten Befehle verteilt. Eine winzige Besonderheit gibt es allerdings noch: Jede Einheit hat neben dem normalen Angriff noch einen Spezial-Angriff, wie ein Raketen-Teppich, Blendgranaten oder Schutzschilde. Zu taktisch wird es also nicht.

Lass es krachen

Die Missionen selbst spielen sich übrigens immer sehr actionreich: Dinge explodieren, Geschosse fliegen durch die Gegend und Feinde greifen an. Die insgesamt rund zwölf Stunden der Kampagne gehen fast im Flug vorüber. Nur ein wenig schade fand ich, dass die Missionen immer recht eng festgezurrt waren.

Lasst mich das erklären: Ich meine hier nicht den linearen Ablauf der Missionen. Ich meine eher die Zusammenstellung eurer Team-Mitglieder und die Wahl eures Grav Cycles – Wahl ist hier nämlich der falsche Begriff: Ihr habt nämlich keine. Jede Mission sieht bestimmte Charaktere und Gleiter vor, Punkt. Gerne hätte ich mein Team aber selbst zusammengestellt, besonders, wenn ich schon etliche Upgrade-Punkte in einzelne Recken investiert habe. Naja, kann ich aber auch so mit leben.

Insgesamt gefiel mir die Kampagne aber recht gut, weil die Balance aus Action und Taktik einfach passte. Aufgelockert wurde der Spielfluss von teilweise recht knackigen Boss-Kämpfen – zumindest auf dem dritten von vier Schwierigkeitsgraden. Optisch habt ihr ebenfalls euer Vergnügen. Kleine Randnotiz: Oftmals sind mir auch die verdammt gut vertonten Charaktere aufgefallen. Daumen hoch an dieser Stelle.

Kommen wir noch schnell zum Multiplayer-Modus. Meine Meinung dazu: Den hätte es wahrlich nicht gebraucht. Er ist „okay“, mehr aber auch nicht. Es gibt rein gar nichts, was anders wäre als bei den etlichen Vertretern des Genres. Die drei Modi und die unterschiedlichen Gleiter machen zwar Laune für eine Weile, aber wirklich vom Hocker reißen tut mich das nicht – das nur nebenher.

Fazit

Insgesamt sehe ich „Disintegration“ als gelungenen Mix von zwei unterschiedlichen Genres an. Die Kampagne macht einen runden Eindruck, auch wenn ich mir etwas mehr Tiefe gewünscht hätte in Sachen Gameplay und Entscheidungsfreiheit.

Persönlich bin ich da sogar der Meinung, dass V1 Interactive gerne auf den Multiplayer hätte verzichten können, um noch mehr am Einzelspielererlebnis zu arbeiten. So fehlt es leider ein wenig an Substanz in beiden Disziplinen. Wer aber damit leben kann, wird hier ein schickes Action-Spiel finden, mit dem man eine ganze Weile seinen Spaß haben kann.

Erhältlich für: PS4, Xbox One, PC
Website: games.privatedivision.com/en/game/buy-disintegration-pc-xbox-psn