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Ghost Recon Breakpoint

Geschmacksverwirrung: Man sollte nicht jedem Trend blind hinterherlaufen, sonst verliert man sich selbst.

Ohne jetzt in irgendeiner Art eine Sexismus-Debatte anzuzetteln, stelle ich mal folgende Behauptung in den Raum: Kurzhaarfrisuren stehen nicht jeder Frau gleich gut. Da wären beispielsweise Halle Berry oder Morena Baccarin, denen kurze Haare einfach wunderbar stehen.

Ich würde aber nun nicht so weit gehen und sagen, dass alle Frauen mit Halle Berrys Frisur nun super aussehen – es ist schlichtweg die Sache des Typs. Worauf ich hinaus will? Ubisoft hat „Ghost Recon: Breakpoint“ eine schicke Kurzhaarfrisur verpasst, weil sie „The Division 2“ oder dem letzten „Assassin’s Creed“ so gut stand. Allerdings macht „Ghost Recon: Breakpoint“ keine sonderlich gute Figur damit. Ich erkläre euch warum.

Die Sonne schien …

Auf der gamescom und in der Beta-Phase war ich noch guter Dinge, was „Breakpoint“ anging. Zugegeben: Die KI schwächelte etwas und einige Glitches verhagelten mir hier und da das Spielvergnügen. Allerdings dachte ich, dass Ubisoft bis zum Release solche Fehler ausbügelt – womit ich nicht ganz richtig lag …

… bis ich mich einloggte

Die erste merkwürdige Designentscheidung, die mich schwitzen ließ, war die ständige Anbindung an den Online-Server. Ja, es kamen alte „Steep“-Traumata in mir hoch, bei denen ich das Spiel – obwohl ich nur als Singleplayer unterwegs war – nicht spielen konnte, weil die Server nicht erreichbar waren. Das hatte „Steep“ damals für mich gründlich ruiniert.

Nun also will „Ghost Recon: Breakpoint“ das gleiche Prozedere durchführen. Zumindest klappt die Anmeldung beim ersten Mal. Beruhigt starte ich den Einzelspieler-Modus. Nach einer wirklich unterhaltsamen Einführung, bei der mir die Geschichte und die Spielmechaniken nähergebracht werden, bin ich frohen Mutes, was den Gesamteindruck angeht.

Um nichts zu spoilern: Auf der hübschen Insel Aurora in einer nicht allzu fernen Zukunft muss meine Spezialeinheit einen außer Kontrolle geratenen Ex-Ghost bekämpfen. Die Mission geht ordentlich schief, meine Kollegen sterben und ich bleibe als einzige Hoffnung im Kampf gegen den Schurken übrig.

Seine Gang-Mitglieder, die sogenannten Wolves, machen die Insel unsicher und bedrohen die Einwohner. Das kann ich natürlich nicht zulassen – auch wenn mir der Feind mit moderner Drohnentechnik weitaus überlegen erscheint.

Die letzte Instanz hoch 30

In einer Geheimbasis will ich mir erst mal eine Pause gönnen, meine Wunden versorgen und vielleicht meine Ausrüstung aufbessern. Doch als ich dort ankomme, bin ich etwas verwundert: Mindestens dreißig (!) andere Spieler warten dort schon, rüsten sich aus, nehmen Aufträge an und gehen ihres Weges. „Ich bin doch die einzige Hoffnung!“, meint ein Stimmchen in meinem Kopf missmutig.

Keine Ahnung, warum die Geheimbasis dann nun als Community-Hub missbraucht wird. Ich verstehe es bis heute nicht. Nur eine Theorie kommt mir halbwegs plausibel vor: Ubisoft will wohl, dass andere Spieler sehen, was ihr auf euren Missionen so an coolen Outfits gefunden habt. Das würde vielleicht den Sinn erklären, aber ich halte die Entscheidung für eine Katastrophe aus atmosphärischer Sicht.

Nun gut: Ich mache mich auf die ersten Missionen. Anfangs stehe ich noch unter Welpenschutz – so zumindest mein Gefühl, was die Gegner angeht. Mit ein paar gezielten Schüssen schicke ich sie ins virtuelle Nirvana. Aber das wird sicher noch härter, denke ich mir.

Doch ein paar Stunden später kann ich euch folgendes mit auf den Weg geben: „Nö! Hier ändert sich recht wenig, was den Schwierigkeitsgrad angeht!“ Das liegt größtenteils aber an der schwachen KI, die ich scharmlos ausnutze. Im folgenden Absatz seht ihr, was ich meine.

Generation Doof!

Eigentlich sollte die offene Welt, die übrigens optisch ein echter Hingucker geworden ist, immer wieder mit feindlichen Basen aufwarten, die ich zuerst in aller Ruhe auskundschaften sollte: Feinde markieren, Laufwege einprägen und still zuschlagen. Teilweise funktioniert das auch ganz gut, weil eure Waffen von Anfang an richtige Killermaschinen sind – wer braucht da schon neue Ausrüstung, für die ich um den halben Globus reisen muss?!

Gerade zu Beginn bin ich auch noch so vorgegangen, weil es Spaß gemacht hat, eine Basis zu infiltrieren. Später sah meine Taktik aber immer wie folgt aus: Ich schleiche mich in ein Gebäude, aus dem es nur einen Ausgang gibt und verschanze mich in der Ecke mit Blick auf diesen Ausgang. Dann mache ich Krach und warte, wie die Lemminge einer nach dem anderen vor meine Flinte läuft – hat fast immer ohne Probleme geklappt.

Das war wohl nicht ganz Sinn der Sache, oder?! Ebenso fiel mir die Loot-Mechanik auf, die ein „Ghost Recon: Breakpoint“ eigentlich gar nicht braucht. Denn wie gesagt: „Ghost Recon“ zeichnet sich dadurch aus, dass es ein Taktik-Shooter ist, bei dem man leise voranschreitet. Da brauche ich nicht Unmengen an neuen Waffen – zumal wenn diese sich kaum voneinander unterscheiden. Bei „The Division 2“ sah die Sache schon ganz anders aus.

Aber ich erkenne die Absicht von Ubisaoft, muss aber leider sagen, dass die Rechnung hier nicht aufgeht. Schade drum. Dabei hat „Ghost Recon: Breakpoint“ durchaus Potenzial: Vom spielerischen Grundgerüst leistet Ubisoft eine solide Arbeit ab. Auch die Grafik kann sich sehen lassen und zaubert sehr hübsche Szenen und Effekte auf den Bildschirm.

Nur irgendwie kann sich „Ghost Recon: Breakpoint“ nicht so recht entscheiden, was es denn nun sein will: Taktik-Shooter oder Arcade-Ballerei, Einzel- oder Mehrspieler-Titel? Gerade bei letztem Punkt schmerzt es Online-Spieler wohl etwas, dass sie gezwungen werden, den Einzelspieler zu zocken, um Ausrüstung für den Mehrspieler freizuschalten. Das kann durchaus nerven.

Fazit

Machen wir es kurz: „Ghost Recon: Breakpoint“ ist nicht das, was ich mir gewünscht hätte. Es ist beileibe kein schlechtes Spiel – aber eben auch kein sonderlich gutes. Das liegt aber nicht an technischen Problemen, denn dort ist „Ghost Recon: Breakpoint“ bestens aufgestellt.

Vielmehr sind es die merkwürdigen Designentscheidungen, die das Spiel in die Belanglosigkeit abdriften lassen: Keine Stärke wird wirklich ausgebaut, sondern es wird versucht es jedem recht zu machen. Das funktioniert bei „The Division 2“ und bei „Assassin’s Creed“ hervorragend, doch „Ghost Recon: Breakpoint“ steht diese Kurzhaarfrisur einfach nicht.

Beim nächsten Mal soll Ubisoft bitte die wilde, ungekämmte Mähne drauflassen – auch wenn das nicht jedem schmeckt, hätte man so aber Charakter bewiesen.

Erhältlich für: PS4, Xbox One, PC
Website: ghost-recon.ubisoft.com/game/de-de