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Kanye West: Ye

Nur 23 Minuten lang und keine offensichtlichen Hits – dennoch ist Kanye Wests „Ye“ eine Offenbarung. Weil es alle Schablonen einfach ignoriert. Huldigt dem Spinner!

 

Nein, ein „College Dropout“ mit Hits am Stück ist „Ye“ nicht geworden, eher eine launige EP mit nicht einmal 24 Minuten Spielzeit. Manche würden sagen: ein Tiefpunkt in Wests Schaffen. Stimmt das? Klares Ja, klares Nein.

Der in den vergangenen Jahren zwischen Trump-Fanboytum und Klinikaufenthalt pendelnde West ist eines jener Genies, bei denen vor allem die sich aller Klischees entziehenden Veröffentlichungen den Reiz ausmachen. 08/15-Alben kann ja jeder, West hat das Standing (und das Geld), darauf nichts geben zu dürfen.

Gerade erst hat er das famose „Daytona“-Minialbum von Pusha T produziert, drei EPs sollen in Kürze folgen, unter anderem eine mit Kid Cudi. „Ye“ ist quasi ein Zwischendurchstatement, gnadenlos persönlich und anziehend unheimlich. „I Thought About Killing You“, der Opener, ist keine Metapher, der meint das wirklich so.

Wests Weltsicht – und seine diskussionslos überragende Produktionsarbeit – sind so zugleich Reflektionen des Zeitgeists als auch Spiegelbild eines Entrückten, der musikalischer Superstar, Geschäftsmann, Celebrity, politischer Akteur, Projektionsfläche und Verzweifelter ist.

Die Themen sind das Chaos, das den feinnervigen Künstler umgibt und das er in soulige Hip-Hop-Stücke packt. Die dann wiederum auch wieder Chaos sind und das ursprüngliche Chaos verstärken. Teufelskreis, Höllenritt. Magischer Kanye West.