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The Suicide of Rachel Foster

Mystery im Hotel: Eine verschneite Geschichte einer zerrissenen Familie.

Vielleicht ist es anfangs ganz hilfreich, wenn wir hier mal das Genre von „The Suicide of Rachel Foster“ klären. Denn ich stand da vor meinen ersten Schritten mit etwas falschen Erwartungen vor dem Monitor. Herausgeber Daedalic Entertainment beschreibt das Spiel als Adventure. Ich sehe es eher als kammerspielartigen Mystery-Thriller oder modern ausgedrückt als Walking Simulator.

Falsche Einstellung

Zunächst glaubte ich nämlich an einen psychotischen Horror-Trip, vor dem ich etwas Abstand halten muss. Je tiefer ich in die Geschichte eintauchte, desto mehr merkte ich, wie ich falsch ich lag. Ja, „The Suicide of Rachel Foster“ hat Elemente von Gruselspielen. Aber hier erwarten euch keine subtilen Schockmomente. Vielmehr spielt sich das wahre Grauen bei euch im Kopf ab – und das ist eine Nummer, die ich sehr interessant finde.

Die Geschichte dreht sich um die junge Frau Nicole. Sie hat eine ziemlich wilde Vergangenheit hinter sich. Als sie sich auf den Weg zum Timberline Hotel an der kanadischen Grenze macht, erfahrt ihr mehr über Nicole und ihre Familie. Ich fasse mal die wichtigsten Eckpfeiler für euch zusammen. Wer an dieser Stelle absolut nicht gespoilert werden möchte – auch wenn das hier keine echten Spoiler sind –, kann den folgenden Abschnitt einfach überspringen und bei „Technik aus dem letzten Jahrhundert“ weiterlesen.

Familiendrama

Nicole war eine gute Freundin der titelgebenden Rachel Foster. Nicoles Leben geriet aus der Bahn als sie erfuhr, dass ihr Vater ein Verhältnis mit Rachel hat. Wenig später nahm sich Rachel das Leben. Daraufhin verließen Nicole und ihre Mutter den Vater und zogen weg. Nicoles Vater blieb alleine zurück in ihrem Hotel, das zum Familienbesitz gehörte.

Er wollte nicht wahrhaben, was die Gerüchteküche ausbrodelte: Rachel soll schwanger gewesen oder sogar noch am Leben sein. Nun aber ist Nicoles Vater gestorben und Nicole muss zurück zum Familienhotel, um es zu veräußern – was der letzte Wunsch ihrer Mutter war. Ein Trip in die Vergangenheit folgt.

Technik aus dem letzten Jahrhundert

Die Geschichte spielt übrigens in den frühen 1990er-Jahren, was „The Suicide of Rachel Foster“ einen charmanten Touch verleiht. Als Nicole im Hotel ankommt, beginnt es schon heftig zu schneien. Sie betritt das alte Haus, an dem so viele Erinnerungen kleben. Doch der Anwalt, den sie treffen möchte, ist noch nicht aufgetaucht. Stattdessen meldet sich per Telefon nur ein gewisser, aber freundlicher Mister Irving.

Als Beamter der Stadt rät er Nicole, sich nicht mehr vom Hotel wegzubewegen, da stürmische Tage angesagt sind. Also ist Nicole in ihrer eigenen Vergangenheit gefangen und hat genug Zeit, um das Anwesen zu erkunden. Ständig weht dabei ein Hauch Mystery durch die Gänge. Denn nie kann man sicher sein, ob man wirklich alleine ist.

Ein Glück, dass Nicole durch ihr „modernes“ Handy immer Kontakt zu Irving hat, mit dem sich nette Dialoge entwickeln. Das erinnerte mich stark an die grandiose Story von „Firewatch“, die ich regelrecht verschlang. „The Suicide of Rachel Foster“ spielt aber in einer etwas niedrigeren Liga in dieser Hinsicht.

Stück für Stück

Ich bin in der Haut von Nicole ständig auf der Suche nach neuen Puzzlestücken aus der Vergangenheit. Zeitungsausschnitte erzählen mir, was Nicole noch nicht weiß: So erfahre ich, wie es dem Vater nach dem Auszug seiner Familie erging. Außerdem finde ich spannende Hinweise auf Rachels Ableben – mehr verrate ich aber nicht. Rätsel gibt es übrigens auch keine zu lösen.

Ihr seid die meiste Zeit damit beschäftigt, die wichtigsten Gegenstände zu suchen, was sich irgendwie authentisch anfühlt: Ihr durchwühlt Schubladen, schaut euch alles genau an und hört den Anrufbeantwortet ab. Jedes Mal fügt sich ein weiteres Puzzlestück hinzu. Während der rund fünf Stunden, die ihr im Hotel verbringt, schwingt auch dauernd eine gruselige Atmosphäre mit und ihr spürt, dass ihr was Unglaublichem auf der Spur seid.

Fazit

„The Suicide of Rachel Foster“ hat mich eiskalt erwischt: Mit dem Gedanken an „Resident Evil“ oder „Silent Hill“ ging ich in dieses Spiel hinein, um eine Art verschneites „Firewatch“ vorzufinden, das mich durchaus fesselte. Die tragische Geschichte dieser jungen Frau blieb an mir haften. Erwartet also bitte kein actionreiches Abenteuer, sondern eine ruhige, packende Story, die über euch rollen wird wie eine Lawine – sofern ihr dies zulasst.

Erhältlich für: Xbox One, PC
Website: oneoonegames.com/tsorf-the-suicide-of-rachel-foster-daedalic-entertainment