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Winter Ember

Schleich dich! Hier werden nur vorsichtige und ausdauernde Naturen auf ihre Kosten kommen.

Beim Blick auf die Screenshots war mir lange nicht klar, was für eine Art Spiel uns Sky Machine hier serviert. Winter Ember sieht mit seiner isometrischen Draufsicht wie ein Actionrollenspiel á la Diablo aus. Doch weit gefehlt. Hinter Winter Ember versteckt sich ein Schleichspiel im Stile eines Thief – doch leider mit weniger Ambitionen als das große Vorbild.

Tiefer Fall

Man weiß nicht so recht, ob man Arthur bewundern oder bemitleiden soll: Der Sprössling eines reichen Mannes muss sich um Geld keine Sorgen machen. In seinem palastartigen Zuhause spaziert er gerne in Begleitung von attraktiven Damen durch die Gänge – hinein ins Schlafzimmer. Doch an diesem Abend soll sich sein Leben schlagartig ändern. Denn das Anwesen wird überfallen und alle dort lebenden Personen getötet. Lediglich Arthur kann entkommen. Der Beginn von Winter Ember packt mich direkt.

Einige Jahre später kehrt Arthur wieder nach Anargal zurück, dem Ort seiner Vergangenheit. Sein Motiv: Er will sich an jenen rächen, die seine Familie ausgelöscht haben. Dazu nimmt er die Feinde Stück für Stück auseinander, indem er schleicht, meuchelt und stiehlt. Die ersten paar Minuten dienen als Tutorial, in dem ihr alle wesentlichen Elemente der Steuerung erfahrt. Jedenfalls macht Winter Ember einen guten Eindruck – bis der erste Kampf ansteht. Denn die Navigation ist etwas schleppend, um es mal nett auszudrücken. Naja, ein guter Dieb braucht ja nicht viel zu kämpfen. Kann ich also verkraften.

Auf der Hut

Die Parallelen zu Spielen wie Thief sind in Winter Ember frappierend: Ihr tapst durch die Gegend, nutzt verschiedene Arten von Pfeilen, um Lichter zu löschen und schaltet Gegner unbemerkt von hinten aus. Außerdem eröffnet euch das offene Levelsystem immer wieder unterschiedliche Wege, um ans Ziel zu kommen. Es ist nämlich nie eine gute Idee, direkt durch die Vordertür in einen Raum zu marschieren. Schaut lieber nach einem offenen Fenster im ersten Stock oder einer Nische, durch die ihr euch quetschen könnt. In dieser Hinsicht lädt Winter Ember zum Erforschen ein.

Der Hauptmission folgt ihr dabei vage, ohne dass diese richtig in Fahrt kommen würde, was echt schade ist. Dafür trefft ihr hin und wieder auf spannende Nebenmissionen, die einen interessanten Ansatz haben. Nur leider wiederholt sich alles viel zu schnell. Aber das ist eigentlich nicht schlimm bei solchen Spielen. Ihr habt es theoretisch selbst in der Hand, wie ihr eure Widersacher aufs Glatteis führt – manchmal sogar im wahrsten Sinne des Wortes. Es ist immer wieder spannend, wenn eine von euch gestellte Falle zuschnappt. Dafür muss allerdings die KI mitspielen – und das tut sie oftmals nicht so recht.

Zombies? Nein, einfach nur dumme Soldaten!

Sky Machine hat ziemlich hirnlose Wachen überall postiert: Selbst nachdem ich hinter einer patrouillierenden Wache Licht für Licht gelöscht habe, wundert sich der Kerl beim Rückweg kein Stück darüber, dass es plötzlich stockdunkel ist. Aber wehe ihr werdet entdeckt, dann sind die Soldaten wie Bluthunde, die nicht mehr lockerlassen. Weglaufen ist dann oft zwecklos. Nur einmal fand ich durch Zufall einen blöden Trick heraus: Ich sprang über eine Kiste und drückte den falschen Knopf auf dem Controller. Dadurch kauerte sich Arthur hinter der Bauchhohen Kiste nieder und war … unsichtbar für die Wachen, die mir folgten. Das funktionierte nicht nur einmal.

Apropos Kisten: Mit diesen kann Arthur immer wieder agieren, sei es durch verstecken dahinter oder draufsteigen, um höher gelegene Orte zu erreichen. Das ist insgesamt eine gute Sache. Nur sobald dort ein anderes, ähnlich großes Objekt steht, was keine Kiste ist, zählt dies zum Hintergrund. Daher kann Arthur nicht mal schnell auf einen Tisch steigen oder auf einen Sandsack laufen. Das macht das Erkunden schon etwas merkwürdig und zerrt an der Glaubwürdigkeit dieser Welt.

Auch in anderen Punkten hat Winter Ember mit der technischen Grundlage zu kämpfen. Die Kamera ist starr über euch platziert, wodurch hier und da die Übersicht leidet. Besonders ärgerlich ist dies, wenn euch um die Ecke eine Wache erwartet, die ihr aber dank des Kamerawinkels unmöglich sehen konntet. Und dann wäre da noch das Kämpfen: Wie schon im Tutorial vermutet, macht mir die direkte Auseinandersetzung mit Gegnern keinen Spaß, weil das Handling einfach zu miserabel ist. Zum Glück kann ich mich oft um Feinde herumschleichen und einen Kampf damit vermeiden. Dennoch trübt das den Spaß.

Fazit

Winter Ember ist definitiv etwas für Hardcore-Fans des Genres. Die Ansätze, die Sky Machine hier liefert, haben durchaus Potenzial. Nur leider fehlt es zu oft an der technischen Umsetzung. Die einzelnen Bugs oder nervigen Elemente für sich genommen wären nicht schlimm, doch in Kombination wird es zum Nerventanz. Daher verschenkt Winter Ember viele Möglichkeiten, die mit etwas längerer Entwicklung vielleicht in den Griff zu bekommen wären. So plätschert das Spiel im Schatten seiner großen Vorbilder etwas verloren daher.

Erhältlich für: Xbox, PS, Switch, PC
Website: skymachine-studios.com